Verwahrentgelt, was ist das eigentlich?

Verwahrentgelt, was ist das eigentlich?

 

Die einfache Antwort: Verwahrentgelt basiert auf Negativzinsen. So geben Sparkassen und Banken Negativzinsen an ihre Kunden weiter, weil die Kreditinstitute selbst Negativzinsen an die Europäische Zentralbank (EZB) abgeben müssen.

Eine einfache Antwort kann im Detail ziemlich komplexe Hintergründe haben. Die schauen wir uns jetzt genauer an.

Zinsen, oder: Die Finanzwelt war mal so einfach

Du bringst Geld zur Sparkasse oder Bank und bekommst darauf Zinsen. Für dein Geld auf dem Girokonto, dem Sparbuch … Wie auch immer Du das Geld angelegt hast, Kreditinstitute haben dafür gesorgt, dass Du dafür etwas zurückbekommst. Mal war der Zins höher, mal niedriger, aber er war positiv. So kennen Kunden Zinsmodelle, so kennen es Sparkassen und Banken.

Die Politik der EZB, oder: Jetzt wird es kompliziert

Die Rahmenbedingungen für Sparkassen und Banken haben sich leider geändert. Mit deinem Geld haben sie ihre Geschäftsmodelle finanziert, selbst investiert (z.B. in Wertpapiere) oder Kredite ausgegeben und so Geld verdient. Was nicht vom Kreditinstitut angelegt werden konnte, wurde bei der Europäischen Zentralbank „geparkt“. Warum? Dafür gab es einerseits von der EZB Zinsen, andererseits hat keine Sparkasse oder Bank gerne Milliarden Euro „im Keller“ im Tresor. Die Zinsen der EZB waren zwar nicht sonderlich hoch, aber verlässlich und zumindest konnten Sparkassen und Banken das nicht anderweitig angelegte Geld etwas vermehren. Und sie konnten Zinsen an ihre Kunden weitergeben.

Darum erhebt die EZB Negativzinsen

Mit der rentablen Geldeinlagerung bei der EZB ist schon seit 2014 Schluss. Die EZB zahlt keine Guthabenzinsen mehr auf diese Gelder der Sparkassen und Banken, die EZB verlangt selbst Geld dafür, dass andere Kreditinstitute dort Geld „parken“ – Negativzinsen oder Strafzinsen nennt sich das im Allgemeinen. Mit dem Negativzins sollen Geldinstitute dazu gebracht werden, mehr Kredite an Unternehmen zu vergeben. Der Plan ist, die Wirtschaft innerhalb der Europäischen Union anzukurbeln. Das ist gut für Unternehmen oder Länder, die günstig Schulden aufnehmen wollen, um damit Investitionen anzustoßen. Verlierer sind leider die Zinssparer.

Eine Alternative zur EZB? Das wäre so schön …

Negativzinsen sind für Sparkassen und Banken eine große Last, denn leider gibt es nicht immer attraktive Alternativen zur EZB, um größere Geldsummen zu „parken“. Das heißt nämlich, dass diese Gelder relativ sicher angelegt und relativ kurzfristig wieder rückholbar sein müssen. Klar, keine Sparkasse oder Bank „muss“ Geld bei der EZB parken, aber andere Optionen sind in vielen Fällen noch unprofitabler.

 

Der Aktienmarkt ist kurzfristig nur profitabel, wenn damit auch Risiken verbunden sind. Kredite können nur vergeben werden, wenn einerseits die Nachfrage danach besteht und die Rückzahlung nicht auf wackeligen Beinen steht. Sparkassen sind bei der Kreditvergabe zudem daran gebunden, dass sie als regionale Kreditinstitute auch nur in ihrem Geschäftsgebiet Kredite vergeben dürfen. Immobilien sind langfristige Geldanlagen. Die Verwahrung im Tresor ist für eine Bank ebenfalls keine profitable Lösung, auch sie hat eine negative Rendite. Kosten für den Transport und die sichere Verwahrung sind nicht zu unterschätzen.

Wollen Banken mein Geld nicht mehr?

Selbstverständlich möchten Sparkassen und Banken kein Geld ablehnen. Nur stellen höhere Passivüberhänge eine große Herausforderung dar. Auf Girokonten, Tagesgeldkonten oder Sparbüchern ist das Geld der Kunden jederzeit abrufbar. Wenn eine Bank dieses Geld nicht in Krediten wieder ausreichen kann, muss sie es anlegen. Die Anlagemöglichkeiten am Kapitalmarkt sind für Kreditinstitute wegen der Niedrigzinspolitik ebenso wenig attraktiv wie für Privatpersonen. Ein Passivüberhang entsteht also, wenn die Kundeneinlagen die an Kunden vergebene Kredite übersteigen. Die Bank sitzt dann auf Liquidität, für die sie keine Anlagemöglichkeit (Aktivseite) außer die EZB findet. Und auf einen Teil dieses Überhangs werden Negativzinsen an die EZB entrichtet.

Verwahrentgelte sind für Sparkassen und Banken daher auch eine Art Schutz, denn: Wer bei seiner Bank Verwahrentgelt zahlt, kann zu einem Kreditinstitut wechseln, das (noch) kein Verwahrentgelt erhebt. Aber a) geben immer mehr Kreditinstitute Negativzinsen weiter, und b) häuft sich bei Kreditinstituten ohne Verwahrentgelt dann auch immer mehr Geld an, das von dort aus angelegt und zum Teil wieder bei der EZB „geparkt“ werden müssen. Und dann … Ihr könnt es euch denken.

Was kann ich als Kunde tun, um mein Geld besser anzulegen?

Als Sparkasse fällt es uns nicht leicht das zu schreiben: Wenn es um die Geldanlage geht, müssen Sparer leider umdenken. Wer heute trotz Negativzinsen und Inflation langfristig Geld will, kann nicht wie gewohnt weitersparen. Kunden, die beispielsweise in Wertpapiere bzw. Fonds oder Immobilien anlegen, können Verwahrentgelte vermeiden und sich zusätzlich darüber freuen, dass ihr Geld in der derzeitigen Situation eine bessere Rendite abwerfen kann, als klassische Sparmodelle.

Wann ist ein Ende der Negativzinsen der EZB absehbar?

Auf diesen Tag darf sich jeder freuen, der Geld sparen will. An diesem Tag jubeln alle Sparkassen- und Bankmitarbeiter gleichzeitig. Nur: Dieser Tag ist aus aktueller Sicht ein Traum. Da die EZB bis auf Weiteres an ihrer Vorgehensweise festhalten wird, Negativzinsen zu erheben, ist ein Ende nicht absehbar. In Zukunft werden eher mehr als weniger Institute Verwahrentgelte erheben, um die Geldpolitik der EZB auszugleichen.

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